Kondensatverhindernde Innendämmsysteme

Beitrag vom Montag, 16.08.2021

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anatol worch

Dipl.-Phys. Dr.-Ing. Anatol Worch

Seit über 30 Jahren in der Bauphysik: Ihr kompetenter Ansprechpartner in allen Fragen der Bauphysik (Schall, Wärme, Feuchte).

Ein naheliegender Ansatz, die mögliche Kondensatbildung zwischen Innendämmung und bestehender Außenwand sicher auszuschließen, ist die Verwendung einer dampfdichten Schicht: Die Idee dahinter ist, wenn kein Wasserdampf von innen nach außen dringen kann, ist eine Tauwasserbildung nicht möglich.

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  1. Funktionsprinzip

Der als besonders kritisch empfundene Prozess ist die im Winter vorherrschende Diffusionsrichtung des Wasserdampfes von innen nach außen. Wenn es gelingt, durch eine zusätzliche Dichtungsebene (beispielsweise eine Dampfsperre in Form einer Alukaschierung) oder durch die Verwendung eines komplett wasserdampfdichten Dämm-Materials (beispielsweise Schaumglas) diesen Wasserdampftransport sicher und dauerhaft zu unterbinden, so ist eine Tauwasserbildung in Folge der Wasserdampfdiffusion ausgeschlossen. Früher fand dieses Schutzprinzip auch im Steildach seine Anwendung: Die meisten Leser kennen noch die alukaschierten Rollen aus Mineralwolle, die zwischen die Sparren befestigt wurden. Auch hier diente die Aluminiumfolie als Dampfsperre, damit in kalten Wintertagen eine Tauwasserbildung in den kalten Außenbereichen der Dämmung ausgeschlossen werden konnte.

  1. Vorteile kondensatverhindernder Systeme

Kondensatverhindernde Systeme werden in aller Regel dann verwendet, wenn die Feuchtelast für das Innendämmsystem zu hoch ist. In Schwimmbädern (besonders warm und feuchte Innenluft) oder für angrenzende Kühlräume (besonders kalte und damit trockene Luft), also in Fällen mit extrem hohen Unterschieden ist die Feuchtebelastung so hoch, dass das Puffer- und Speichervermögen anderer Innendämmsysteme überfordert wären. Folge wäre ein unkontrolliert ablaufendes Wasser, dessen Abtrocknung nicht mehr abgeschätzt werden könnte. Folgeschäden könnten nicht vermieden werden.

Ein weiterer Vorteil kondensatverhindernder Innendämmsysteme ist die freie Nutzung der inneren Oberfläche durch den Nutzer. Während für kondensattolerierende Systeme in aller Regel die Diffusionsoffenheit der inneren Oberfläche zwingend erforderlich ist, führt bei diffusionsdichten Systemen die Anbringung eines Fliesenspiegels in Küche oder Badezimmer nicht dazu, dass das gewählte Schutzprinzip des Innendämmsystems in Frage zu stellen ist. Dem Nutzer stehen hier größere Freiheiten in der Gestaltung der Innenräume zur Verfügung.

  1. Nachteile kondensatverhindernder Systeme

Insbesondere einschalige Mauerwerke trocknen nach einer Schlagregenbelastung merklich auch nach innen ab. Das aufgenommene Regenwasser verteilt sich im Mauerwerk und trocknet dann entsprechend der vorliegenden Konzentrationsunterschiede zu beiden Seiten ab. Bedingt durch vorhandenen Diffusionswiderstand der Außenwand sind die Diffusionsströme nach Innen geringer, jedoch stets vorhanden. Durch eine komplett diffusionsdichte Innendämmung steht dieser Abtrocknungsweg nach der Anbringung nicht mehr zur Verfügung. Die richtige Beurteilung des vorhandenen Schlagregenschutzes ist für dieses Schutzprinzip besonders wichtig.

Des Weiteren muss die Dichtigkeit der dampfdichten Schicht auf Dauer gewährleistet sein. An Fehlstellen oder Beschädigungen könnten langfristig dem Diffusionsgefälle im Winter folgend doch gewisse Mengen Wasser in den Dämmstoff gelangen, diesen langsam auffeuchten und nur sehr eingeschränkt nach innen wieder abtrocknen. Eine gewissenhafte Anbringung und das Vermeiden nachträglicher Beschädigungen der wasserdampfdichten Schutzschicht ist zu beachten.

  1. Quintessenz

Gerade in Fällen mit hoher innerer Feuchtelast sind oftmals kondensattolerierende Systeme die einzige Möglichkeit, eine Verbesserung des Wärmeschutzes zu erzielen. Bei bestehender Schlagregendichtigkeit bieten nach sorgfältiger Anbringung solche Dämmsysteme große Freiheiten in der Gestaltung der inneren Oberfläche.

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